Cattle Mustering – Yeeeha, wir arbeiten als Cowboy/-girl

Nach unserem Roadtrip um Australien musste die Reisekasse natürlich wieder ein wenig gefüllt werden. Bei Farmen die teilweise sogar größer sind als manche europäische Länder (die größte australische Station ist ein wenig größer als Belgien) gehört das Farmleben einfach zu Australien und deshalb haben wir die ganze Zeit schon überlegt vielleicht ein wenig Farmarbeit machen zu wollen, nicht um unser Visum zu verlängern (nach 3 Monaten Farmwork kann man das Second-Year Visa beantragen) aber um ein paar Einblicke ins Farmleben zu bekommen. Wir wollten uns nicht unbedingt beim Fruitpicking für Niedriglöhne abschuften aber gerne in sonstige Farmarbeit mal reinschnuppern.

So bekamen wir schließlich kurz nach unserer Ankunft in Perth  die Anfrage über Gumtree, ob wir nicht für ein paar Wochen helfen wollen Rinder in einem Nationalpark im Norden Australiens einzutreiben. Wie geil ist das denn erstmal?! Ein Leben als Cowboy/-girl. Na klar, wir sagten direkt zu! Ansonsten hatten wir eigentlich überhaupt keinerlei Vorstellung davon was uns erwarten würde, aber es sollte nur ein ‚kleiner‘ Job sein, bei dem unsere Unerfahrenheit nicht so schlimm sei.

180 $/Tag, Verpflegung sowie Unterkunft inklusive und dass wir campen werden in der Zeit, waren so ziemlich die einzigen Informationen die wir ansonsten hatten. Übernachten sollten wir in „Swags“, was quasi ein Einmann-Zelt mit Matratze ist. Wenn man nur das Fliegennetz über einem schließt, kann man beim einschlafen den Sternenhimmel und Sternschnuppen beobachten.

Arbeiten sollten wir für ein kleines Familienunternehmen, die für andere Rinderfarmen und Auftraggeber wie in diesem Fall den Nationalpark arbeiten. Zusammen mit einem französischen Backpacker sind wir als erstes von Perth ins zwei Stunden entfernte Moora gestartet, wo Jo und Pete (unsere Chefs) mit ihrer fünfjährigre Tochter Mackanzie leben. Schnell stellten wir fest, das es sich bei den Leuten um super freundliche Menschen handelt und wir uns gut vorstellen können für sie zu arbeiten. Von dort sind wir dann mit ihnen und einem weiteren erfahrerenem Arbeiter zwei Tage lang im großen Konvoi nördlich zum Millstream National Park gereist, in dem die Rinder eingefangen werden sollten. Unser Auto haben wir in Moora stehen gelassen.

Uns wurde vorher schon gesagt das es heiß es werden wird, doch die Hitze zu spüren und bei den Temperaturen zu arbeiten, ist dann doch noch mal was anderes, als sie sich vorzustellen. Meistens hatten wir  über 45 °C im Schatten und somit weit mehr als 50 °C in der Sonne, das verlangte alles von uns ab. Dazu kam doch das lästige Spinifex… Die ganze Landschaft um uns herum war voll mit diesen Grasbüscheln, die ziemlich stechen und mit ihren Hohlnadeln abbrechen und in der Haut stecken bleiben. Vom Motorrad fallen ist also keine gute Idee….Und neben der Hitze und Spinifex waren es aber wohl die Millionen Fliegen die einen schließlich zum Wahnsinn trieben. Ich weiß garnicht an wie vielen ich mich verschluckt habe in der Zeit. Sandra rannte auch grundsätzlich nur noch mit dem Fliegennetz auf dem Kopf umher.

Nach dem unser Camp hergerichtet war, musste der große Roadtrain mit den Zäunen, Crusher und Rampe für den „Yard“ für die Rinder  entlarden werden. Anschließend natürlich auch alles aufgebaut werden. Die Zäune wurden in der Sonne so heiß, das man sich schon regelrecht daran verbrannte, wenn man keine Handschuhe trug. Deshalb fing unser Tag auch zumeist um 5 Uhr morgens an, um das meiste bei kühleren Temperaturen zu erledigen. Immer wieder wurden wir auf die richtige Anbringung der Ketten zwischen den Zäunen hingewiesen. Später sollten wir auch rausfinden weshalb. Da manche Bullen mehr als 700 kg auf die Waage bringen und wenig erfreut sind eingesperrt zu sein, versuchen sie immer wieder mal durch die Absperrung zu brechen und heben die Zäune auch mit ihren Hörnern hoch. Bei falscher Befestigung werden diese dann einfach ausgehebelt.Da wir einmal im Nationalpark mit allem Sack und Pack umziehen mussten, um den Standort zu wechseln, war das Auf- und Abbauen des Yards wohl eine unserer Hauptaufgaben.

Um die Rinder aber erstmal zusammen zu treiben bestand unsere Flotte aus Motorrädern, Quads, Buggys und einem Helikopter. Der Helikopter sucht zunächst verstreute Trupps von Rindern zusammen und treibt sie ein erstes Stück in Richtung Yard. Die restlichen Fahrzeuge stoßen später dazu, um die Herde zusammen zu halten und weiter zu führen. Der Helikopter arbeitet ab da an mehr auf Zuruf als Unterstützung, sollten mehrere Rinder versuchen auszubrechen. Vorab wurde uns erklärt wie man die Herde mit einem Fahrzeug zusammenhält und führt und das wir immer einen „Exitplan“ (Fluchtplan) haben sollen. Die meisten Rinder hier haben noch nie mit Menschen zu tun gehabt und wenn die einen angreifen, sollte man schnell das Weite suchen – die sind stärker! 😉

Ich sollte ein Quad fahren, was aber leider schon auf den ersten Metern wegen Überhitzung durch einen defekten Kühler versagte und ich tatenlos ausscheiden musste. Sandra spielte während des Zusammentreibens die Nanny für die 5 jährige Tochter und /oder fuhr den Versorgungswagen mit Werkzeug, Wasser usw. um liegen gebliebenen wie mir zu helfen.

Da mein Fahrzeug ausfiel konnte ich später wenigstens als Beifahrer in einem Buggy das Geschehen und sogar einem Kampf zwischen Buggy und Bullen erleben. Beide haben einiges einstecken müssen, doch das Auto hat gewonnen und wir haben den mächtigen  Bullen zum umkehren zwingen können. Aber auch brennende Batterien, gebrochene Achsen und weitere überhitzte Fahrzeuge konnten uns nicht abhalten, um die 100 Rinder in den Yard zu bringen.

 

Neben dem einfangen der Rinder und Aufbau des Yards war natürlich auch noch mehr zu tun. Die Rinder haben großen Durst (bis 70 l/ Tag), weshalb wir bis zu 7 mal am Tag zu einer Wasserstelle fahren mussten, um den 1000 l Behälter aufzufüllen. Beim zweiten Camp lag diese etwa 20 km oneway über eine ziemlich raue Straße vom Yard entfernt, sodass diese Aufgabe zur Tagesaufgabe wurde. Natürlich mussten auch alle Rinder nach dem Einfangen mit einer Marke, die den Besitzer ausweist, am Ohr versehen werden bevor ein Truck sie abholte, um sie zur Auktion zu bringen. Diese Aufgabe war harte Arbeit für uns und viel Stress für die Rinder. Ich hatte auch immer etwas Angst um den Kollegen,  wenn er versuchte im Yard die Kälber, Kühe und Bullen zur Abfertigung zu treiben und der ein oder andere auf ihn los ging. Zum Glück konnte er besser abschätzen, wie die Kühe sich verhalten und im schlimmsten Fall konnte er sich immer flink über den Zaun retten. Neben der Marke wurden auch die Spitzen der Hörner abgetrennt, damit sie sich gegenseitig nicht schwer verletzen konnten. Das alles war für uns Stadtmenschen schon eine krasse Erfahrung und sehr aufregend.

An dem ersten der beiden Orte im National Park, gab es zum Glück ein kühles Gewässer in der Nähe, in dem wir uns ab und zu in der Mittagspause erfrischen konnten. Mit einer selbst gebastelten Angel aus einem Stock und Überresten einer Angelschnur und Haken, konnten wir sogar ein paar größere Welse fangen. Ansonsten gab es nicht viel an weiterer Beschäftigung und keine Abkühlung im zweiten Camp. Noch nichteinmal eine kalte Dusche am Abend, denn das Wasser im Wohnwagen unserer Chefs wurde zwangsläufig ja auch heiß.

Verpflegt wurden wir aber sehr gut in der Zeit. Fast jeden Tag gab es Steaks vom Grill ^^ Dafür mussten wir dann aber auch manchmal etwa 100km zur nächsten Stadt für den Einkauf zurücklegen.

Dieser Job war für uns also mal was vollkommen anderes und eine echt gute Erfahrung!

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