Was ein Abenteuer – Vulkane auf Java

Ein Uhr in der Nacht. Es ist stockdunkel, nebelig und recht kühl. Gemeinsam mit etlichen anderen Leuten und unserem Guide Jo machen wir uns auf den Weg. Hoch zum Kawah Ijen auf 2386 m.

Der Weg ist recht beschwerlich. Steil geht es immer weiter bergauf. Das Atmen fällt jetzt schon schwer nur durch die Anstrengung. Erst nur ganz leicht vernehmbar, liegt der Geruch nach etwas wie faulen Eiern in der Luft. Aber je höher wir kommen desto stärker wird es. Nach etwa einer Stunde Aufstieg sind wir, laut Jo, am Kraterrand angekommen. Beißender Rauch und Schwefelgase treiben uns die Tränen in die Augen und verätzten unsere Lungen. Schnell wird die Gasmaske aufgesetzt. Aber dadurch fällt das Atmen noch viel schwerer. Ein beklemmendes Gefühl. In der Dunkelheit haben wir noch keinen Blick dafür, in welche Hölle wir nun absteigen werden. Jo gibt uns eine kurze Einweisung: immer schön bei ihm bleiben, sich vorsichtig bewegen, keine Panik bekommen und den Arbeitern Platz machen. Ja, da unten wird gearbeitet. Mit Jo an der Hand geht es dann steil bergab. Es gibt keine befestigten Wege mehr, nur Stein und Geröll. Es ist oft rutschig und eng. Vor lauter Nebel und Qualm sehen wir manchmal kaum unsere Hand vor Augen. Nur das Licht der Taschenlampe verrät mir, das Tobi noch irgendwo da sein muss. Immer wieder machen wir Platz für die Menschen, mit dem wohl härtesten Job der Welt. Und irgendwann sagt Jo ganz aufgeregt: „Da, da! Da sind sie! Ich hatte solche Angst, dass ihr sie nicht sehen würdet wegen dem Wetter“. Und tatsächlich. Nur ein kleines schwaches blaues Licht ist in der Ferne auszumachen. Aber das sind sie: die blauen Flammen, wegen denen wir extra mitten in der Nacht losgezogen sind. Nur in der Dunkelheit sind sie zu sehen. Weil wir relativ früh dran sind, haben wir noch lange Zeit die Flammen auch von Nahem zu bestaunen. Riesig und saphirblau lodernd, steigen entzündete Gase direkt vor uns in die Höhe. Aber auch das lässt uns nicht vergessen, wo wir uns befinden. Sobald der Wind etwas dreht, wehen uns Schwefelwolken entgegen. Wir müssen immer wieder die Augen schließen, weil der Qualm in den Augen brennt. Trotz der Gasmaske, kommt schnell das schreckliche Gefühl auf, nicht ausreichend Luft zu bekommen. Trotzdem ein beeindruckendes Naturschauspiel, das schließlich mit dem Sonnenaufgang endet. Unser Ausflug im Krater des Ijen aber noch nicht. Wir schauen uns nun bei Tageslicht noch ein wenig die Umgebung an, in der wir uns befinden. Was ein verrückter Ort. Alles ist gelb und orange verfärbt und der Boden knirscht unter unseren Füßen. Auf uns wirkt das alles irgendwie so unwirklich. Auf den Schwefelfeldern sehen wir die Minenarbeiter schuften. Mit Hilfe von Rohren werden die Schwefelgase zu den „Schwefelfeldern“ umgeleitet. Die Rohre werden mit Wasser gekühlt, sodass am Ende flüssiger Schwefel austritt. Sobald der Schwefel dann erkaltet, wird er fest und kann dann von den Minenarbeitern mit Eisenstangen aus dem Boden gebrochen werden. Die Brocken werden in Körben auf dem Rücken der Männer abtransportiert. Bis zu max. 100 kg schleppen die Arbeiter. Erst den schwierigen Weg den Krater hinauf und dann den 3 km langen Weg  bergab bis zur Verladestation. An einer Wiegestation auf der Hälfte wird abgerechnet. 800 Rupiah gibt es für ein Kilo. 800 Rupiah – das sind etwa 5 Cent! Für eine Arbeit, die wohl mit die gefährlichste und am giftigsten Arbeitsplatz der Welt ist. Atemmasken tragen die Männer dort unten nicht. Zu teuer. Genauso wie Krankenversicherungen. Zwischendurch werden Leute bewusstlos und kippen um.  Einen falschen Schritt am Hang kann sich auch niemand erlauben. Die Lebenserwartung der Männer liegt etwa 10 Jahre unter der, der restlichen Bevölkerung Javas. Aber die Männer haben keine Wahl. Arbeitslosigkeit und Armut ist ein großes Thema in Indonesien und Familien müssen ernährt werden. Mit der Arbeit in der Mine verdienen sie für indonesische Verhältnisse recht gut. Natürlich auf Kosten ihrer Gesundheit. Von dem größten Säurefass der Erde, dem Kratersee, bekommen wir nur den Rand zu sehen und können mal den Finger in das heiße Wasser hineinstecken. Leider bleibt aufgrund der schlechten Sicht später beim Aufstieg der Blick von oben aus. Oh man, was ein Trip! Jo, unser Guide, ist übrigens der Sohn eines der Minenarbeiter und hat auch schon selber dort oben mitgearbeitet. Der Job wird eigentlich innerhalb der Familie vererbt, doch Jo wollte unbedingt weg von diesem Ort und hat deshalb Englisch gelernt. Neben seiner eigentlichen Arbeit, bietet er nun Führungen für Touristen an. Gegen 9 Uhr morgens sind wir wieder zurück bei unserem Guesthouse. Vergeblich haben wir versucht den speziellen Geruch des Vulkans von uns zu waschen. Der wird wohl aber noch ein paar Tage irgendwie an uns hängen bleiben.

Abenteuer pur. Und das fing schon auf der Fahrt von Bali nach Java an. Aber jetzt mal von vorne.

Wir wollten beide auf unserer Reise unbedingt Vulkane sehen und erleben. Indonesien liegt  praktischerweise auf dem Vulkangürtel, dem pazifischen Feuerring oder auch „Ring of Fire“. Ursprünglich wollte ich unbedingt auf Lombok den Mount Rijani besteigen. Tja, damit war aber nix. Ich war todtraurig als ich erfuhr, dass das in der Regenzeit nämlich nicht möglich ist. Aber dann. Bei Backpacking Simon (Vlog auf Youtube) habe ich gesehen, wie er den Mount Ijen in Java erklomm. Ich war sofort Feuer und Flamme (haha 😀 ) und es war klar: da muss ich hin! Also haben wir uns nach der relaxten Zeit auf Bali auf zur Nachbarinsel Java gemacht. Es werden auf Bali zwar etliche Touren zum Mount Ijen und zum Nachbarvulkan Mount Bromo angeboten, aber das wäre viel zu einfach und einfach kann ja jeder. Außerdem kommt man deutlich günstiger weg und ist in allem flexibler, wenn man selber organisiert. Kann aber auch stressig sein.

War es dann auch „etwas“. Das Reisen in Indonesien stellte sich als nicht ganz so einfach heraus. Mit dem Taxi ging es von Kuta zum Busbahnhof der Hauptstadt Balis Denpensar. Von da sollte es weiter gehen zur Fähre im Westen Balis in Gilimanuk oder direkt in das Örtchen Banyuwangi, das am Fuße des Vulkan Ijen liegt. Was war ich froh nicht unvorbereitet zu sein und, Internet sei Dank, so in etwa die üblichen Preise für die geplante Fahrt zu kennen. Ausgestiegen aus dem Taxi wurden wir nämlich direkt von fünf Männern gleichzeitig belagert, die uns alle weiterhelfen, bzw. auf Deutsch, richtig abzocken wollten. Das galt auch für alle weiteren Transporte. Wir haben uns ein bisschen an die Zeit in Indien zurück versetzt gefühlt. Wir sind dann mit einen Localbus in fraglichem Sicherheitszustand und ohne Klimaanlage vier Stunden zur Fähre getuckert. Mit der Fähre, in nicht weniger fraglichem Sicherheitszustand, rüber nach Java und vom Hafen mit dem Bemo Richtung Banyuwangi. Ein Hotel hatten wir nicht vorgebucht. Man wird vor Ort schon was Passendes finden. Der Teil gestaltete sich dann doch noch was schwieriger. Wir sind noch angeschlagen von der ganzen Fahrerei längere Zeit durch die Stadt geirrt bis wir irgendwann verzweifelt und genervt uns entschieden haben ein Taxi zu einem Homestay von booking zu nehmen. Das Taxi haben wir auch nur bekommen, weil die Leute in einem Geschäft so nett waren uns eins zu rufen. Das Taxi konnte uns aber auch nicht bis vor die Tür bringen, weil die Straßen so eng waren. Deshalb mussten wir das letzte Stück noch laufen. Gestaltete sich aber nicht so einfach, weil die Angaben bei google maps irgendwie daneben lagen und wir so weiter durch die Gegend irrten. Zufälligerweise sind wir dann irgendwie in die Arme der Schwägerin, des Besitzers unseres heiß ersehnten Homestays geraten, die uns prompt ganz herzlich aufnahm und sich darum kümmerte, dass ihr Schwager uns abholt. Und zu ihm mussten wir dann sogar noch nicht mal mehr laufen, sondern wurden hinten aufs Motorrad gepackt und los gings. Halleluja, waren wir glücklich endlich irgendwo angekommen zu sein! Das Homestay war zwar nur ganz schlicht und einfach und das Gedudel der nahegelegenen Moschee drang bis in unser Zimmer, aber immerhin. Der Besitzer und seine Frau waren dafür super, super nett und hilfsbereit. Und dort konnten wir dann auch ganz einfach eine Tour zum Ijen für die gleiche Nacht buchen. Leider wussten wir nicht, dass die Uhren in Java anders ticken als auf Bali, sodass die sowieso nur kurze Nacht für uns noch eine Stunde kürzer ausfiel.

Nach dem Ausflug zum Ijen haben wir uns direkt wieder auf den Weg gemacht, diesmal in Richtung Mount Bromo in das Örtchen Cemoro Lawang. Und irgendwie sollte es einfach nicht leichter werden von A nach B zu gelangen. Nach sieben Stunden Horrorfahrt in einem Bus nach Probolinggo war es mittlerweile dunkel geworden und es regnete sintflutartig. Schnell war klar, nach Cemoro Lawang kommen wir heute nicht mehr. Also haben wir im strömenden Regen ein Bemo gesucht, das uns zu einem Hotel bringt. Wieder trocken haben wir uns dann am nächsten Tag wiedermal auf den Weg gemacht. Ein Bemo hat uns aber bei einer Travel Agency abgesetzt, nicht am eigentlichen Busbahnhof. Weil uns dann dort doch nicht, wie eigentlich versprochen, ein Minibus abholte, sind wir zu Fuß zum Busbahnhof gelaufen. Die Minibusse nach Cemoro Lawang sollen 30.000 p.P. (2 €) kosten und fahren sobald ein Bus voll ist. 15 Leute passen rein. Wir haben 4 Stunden gewartet. Bis wir zu acht waren. Und haben dann 60.00 p.P gezahlt. Eine andere Option gab es einfach nicht. Allerdings haben wir auf diese Weise nette Leute kennengelernt, u.a. ein indisches älteres Ehepaar und ein Pärchen in unserem Alter aus Holland.

Mit den beiden haben wir dann auch letztendlich die Tour zum Bromo gestartet. Der Vulkan Bromo (2329 m hoch) ist bekannt für einen atemberaubenden Anblick bei Sonnenaufgang mit Panoramablick über die Caldera. Im Hintergrund sieht man den Semeru Vulkan, einen der aktivsten Vulkane Indonesiens. Zurzeit ist eine Besichtigung des Kraters wegen Eruptionen nicht möglich. Die Region um den Bromo herum ist deswegen weitläufig gesperrt worden. Allerdings ist der Aussichtspunkt gegenüber noch frei zugänglich. Zwar schade, dass wir keinen Blick aus der Nähe erhaschen können, aber den Vulkan in Action zu erleben hat ja auch was. Das laute Brummen des Vulkans konnten wir schon in der Nacht vernehmen. Das war schon sehr beeindruckend! Um 3.45 Uhr (diesmal Java-Time! 😉 ) ging es dann los. Diesmal haben wir auf eine geführte Tour verzichtet und haben uns eigenständig auf den Weg gemacht. In unserem Guesthouse gab es eine kurze Wegbeschreibung und eine Karte. Etwa eine Stunde haben wir für den Fußmarsch gebraucht. Bequemer wäre es gewesen, sich mit einem Jeep oder uns per Pferd hochbringen zu lassen. Um 5 Uhr sollte die Sonne aufgehen und wir den fantastischsten Sonnenaufgang unseres Lebens erleben. Oben pfiff ein eisiger Wind. Es wurde 5 Uhr, 5.15 Uhr und 5.30 Uhr. Gesehen haben wir: rein gar nichts! Es wurde zwar merklich heller, aber es war dermaßen nebelig und bewölkt, dass außer einem weißen Schleier vor unseren Augen überhaupt nichts zu sehen war. Da haben wir extra die ganzen Strapazen auf uns genommen, um den Bromo zu sehen und außer einem lauten Grollen, bekommen wir nichts zu sehen. Wir waren schon sehr enttäuscht, halb erfroren und wollten uns grade auf den Rückweg machen, da zog in dem weißen Schleier zuerst eine dichte graue Wolke auf. Und nach und nach verzogen sich doch noch die Wolken und wir bekamen die Vulkanlandschaft zu sehen. Auch wenn die Aussicht, in der Trockenzeit wohl von ganz anderer Qualität ist, war es super schön und aufregend zu beobachten. Da hat sich die lange Fahrt zum Glück doch noch gelohnt! 🙂

Hinterlasse uns doch einen kurzen Kommentar :)

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.