Fazit Indien

Vier Wochen Indien liegen hinter uns. Auf dem Weg zum Flughafen, um den nächsten Flieger nach Nepal zu nehmen, ist genug Zeit um ein Fazit zu ziehen.

Fortbewegung

Das Reisen durch das Land an sich verlief relativ unkompliziert. Bahn fahren ist einfach unglaublich günstig und über Internetseiten sowie die App Cleartrip einfach zu organisieren. Wir sind immer mit der Sleeper Class gereist, eine der unteren Klassen mit der auch viele Einheimische unterwegs sind. Wir haben jetzt zwar keinen Vergleich zu den teureren klimatisierten Klassen, aber für uns war der Komfort ausreichend. So haben wir insgesamt rund 2700 km mit dem Zug zurückgelegt und z. B. für die längste Strecke Agra-Varanasi nur 9,70 € für uns beide bezahlt. Eigentlich sind wir in Städten immer viel zu Fuß unterwegs, in Indien sind wir aber viel Tuktuk gefahren. Die Städte geben es einfach nicht her zu Fuß unterwegs zu sein. Die Straßen sind oft schon schlecht, aber Bürgersteige manchmal gar nicht erst vorhanden. Dazu muss man sich immer konzentrieren, um nicht in irgendeinen Haufen Kacke, Rotze o.ä. zu treten, und vor allem nicht unter die Räder der anderen Verkehrsteilnehmer zu kommen. Wir haben uns immer zumindest bemüht einen für uns guten Preis rauszuschlagen und wenn uns die Fahrer offensichtlich bescheißen wollten, sind wir auch mehrmals wieder ausgestiegen. Gerade in Kerala hatten wir oft das Gefühl, dass uns alle Fahrer nur abzocken wollen. Die Taxameter „funktionierten“ generell alle nicht, obwohl die Fahrer eigentlich verpflichtet wären sie einzuschalten. Wenn man den Weg nicht kennt, bringen die Taxameter einem nur allerdings auch recht wenig, denn die Fahrer scheuen sich auch nicht davor noch ein wenig durch die Gegend zu tuckern und einen großen Umweg zu fahren, nur um ein paar Rupies mehr zu bekommen.

Schlafen

Hotels haben wir auch immer vorab über die gängigen Internetseiten gebucht. Dabei waren wir schon etwas anspruchsvoller, hatten oft eine Klimaanlage und haben immer auf gute Bewertungen geachtet. Preislich lagen wir dann im Schnitt bei 12,50 € für ein Doppelzimmer (günstigste Unterkunft in Varkala 7,65 € p.N., teuerste Unterkunft 21,25 € in Sawai Madhopur). An diesem Kostenpunkt hätte man sicherlich noch einiges sparen können. Unsere Zimmer waren zwar fernab von deutschen Standards, aber soweit alle in Ordnung. Wegen den hohen Temperaturen, war es auch gar nicht so schlimm, wenn es mal keine warme Dusche gab. Empfehlen würden wir jedem die „Zostel“ Hostels, die es vor allem im Norden in einigen Städten gibt und perfekt auf Bedürfnisse von Backpackern, aber durchaus auch „Normalreisenden“, zugeschnitten sind. Dort gibt es neben recht schönen Räumlichkeiten jede Menge auch brauchbare Infos, Tourenangebote etc. und man hat nicht das Gefühl ausgetrickst zu werden.

Essen

Gegessen haben wir eigentlich immer in Restaurants. Von den Straßenrestaurants haben wir Abstand genommen, als wir uns vermutlich dort zum zweiten Mal den Magen verdorben hatten. Auffällig und manchmal auch ein bisschen unentspannt fand ich, dass die Kellner einem noch während man quasi den letzten Happen im Mund hatte, schon den Teller unter den Händen wegzogen. Indische, vegetarische Gerichte (Thali o.ä.) lagen meist etwa bei 1,50 €, Gerichte mit Fleisch etwa das Doppelte; wobei in den Straßenküchen das Essen auch noch etwas günstiger zu bekommen war…. Außer Indisch gab es aber auch relativ viel chinesisches Essen und in den „Tourirestaurants“ auch mal Pizza und Pasta. Die Preise lagen dann natürlich auch etwas höher, genauso wie die Fischgerichte in Kerala. Das indische Essen war schon relativ scharf, aber so dass wir es eigentlich immer noch essen konnten. Unser Vorteil war dabei vielleicht auch, dass wir beide gerne mal scharf essen. Man konnte aber auch immer weniger oder gar nicht scharf bestellen. Vom indischen Essen generell bin ich insgesamt ein wenig enttäuscht. Die Currys haben eigentlich immer gleich geschmeckt und waren oft nicht unbedingt mein Fall. Was allerdings super lecker ist, sind die „Lassis“ – eine Art Joghurtdrink – und „Hello to the Queen“ – ein Nachtisch mit einer Art Bananencrumble mit Eis. Getränke, Süßigkeiten und Obst gibt es auch an jeder Straßenecke zu kaufen. Für Lebensmittel für uns beide zusammen haben wir im Schnitt 12 € am Tag ausgegeben.

Indien allgemein

Für uns war die Reise in Indien ein bisschen wie eine Reise in die Vergangenheit. Man sieht Frauen, die Wasser, Reis etc. auf dem Kopf balancieren, Männer die ihre Ware auf Handkarren transportieren, Müll wird öffentlich verbrannt, Wäsche wird von Hand im Fluss gewaschen, Straßen werden von Hand aufgeschlagen, das Gemüse wird mit Gegengewichten auf den Wagen abgewogen. Die Frauen halten sich bedeckt im Hintergrund und kümmern sich um die Familie. Für einen Job, der in Deutschland durch eine Person erledigt wird, braucht man hier drei Leute –  mindestens. Alles passiert ein klein wenig langsamer als bei uns und sonst gebe es ja auch niemanden der in der Gegend rumsteht und glotzen könnte. Dafür ist alles bunt und glitzert. Die hinduistischen Gebetsstätten (und auch die christlichen in Kerala) fallen immer durch viel „Bling Bling“ auf. Die Mode ist ganz anders als in Europa. Etwa 98 % der Inderinnen, auch die jüngeren, tragen bunte Saris oder andere lange weite Kleider, die eigentlich alles außer oft dem Bauch, bedecken. Dazu natürlich möglichst viel Schmuck. Die Männer tragen in den Städten meist Hemden und Stoffhosen und dazu Sandalen. Auf dem Land hatten die meisten Männer jedoch Männerröcke an. Turbane haben wir eigentlich nur im Norden gesehen. Was einen als Nicht-Inder zur Verzweiflung bringen kann, ist das Wackeln mit dem Kopf. Inder beantworten eine Frage nicht mit Ja oder Nein. Sie schütteln ihre Köpfe von rechts nach links und gleichzeitig hoch und runter auf eine Art, dass man selbst nach mehrmaligem Fragen immer noch nicht sicher weiß, was die Antwort nun bedeuten soll. Genauso wenig akzeptieren die Inder ein „Nein“. Man muss oft schon sehr deutlich werden, um einen ehrgeizigen Verkäufer los zu werden. Dabei sind gerade die Verkäufer diejenigen, die mich oft abgehalten haben mich in einem Geschäft umzuschauen, weil ich einfach keine Lust auf deren engagierte (nervige) Verkaufsstrategien hatte. Angst überfallen zu werden o. ä. hatten wir eigentlich nie. Wir hatten zwar immer das meiste unseres Geldes in der Geldkatze versteckt, das wäre aber eigentlich nicht unbedingt nötig gewesen. Ich bin oft auch ganz offensichtlich mit meiner Kamera durch die Straßen gelaufen und saß mit Laptop im Zug. Ein Magnet für Händler, Tuktukfahrer, Bettler etc. waren wir sowieso. Den ganzen Tag über wurden wir mir „Sir dieses“, „Madam jenes“ angesprochen. Wobei das „Sir“ deutlich überwog. Außer den Menschen im Hotel oder im Restaurant mieden es die indischen Männer mit mir zu sprechen oder auch nur mir ins Gesicht zu schauen. Wobei hinterrücks natürlich geglotzt wurde ohne Ende. Meistens liefen die Gespräche zwischen Tobi und den Einheimischen gleich ab. Man fragte woher wir kämen, wohin wir wollten, wie uns Indien gefiele, nach unseren Jobs und natürlich nach Details unseres Familienstandes. Auf unsere Herkunft kam ein „ahh Germany – nice country“ und mich kommentierten sie meist mit „nice, beautyful girlfriend“, obwohl ich ja direkt daneben saß. Einmal habe ich einem Tuktukfahrer gesagt, dass das bei uns total respektlos und nicht nett ist. Und manchmal habe ich mich auch in die Gespräche eingemischt, wobei ich meistens einfach ignoriert wurde und noch nicht mal ein „Tschüß“ bekam. Es kam uns oft komisch vor Indern zu erzählen, dass wir nicht wissen, wann wir wieder nach Hause fahren und wohin wir als nächstes reisen werden. Die Leute reagierten auch meist etwas irritiert darauf. Für viele ist es schon unvorstellbar teuer nur innerhalb Indiens zu reisen, ganz abgesehen davon um die Welt zu fliegen.

Vier Wochen haben wir nun in zwei kleinen Teilen Indiens verbracht, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Zeit hier kam einem ein bisschen vor wie eine Achterbahnfahrt. Die Zeit ist rasend schnell vergangen, es gab etliche Auf‘s und Ab‘s, schlecht ist uns zwischendurch auch mal geworden.  Es war ein bisschen verrückt, aber hat insgesamt schon Spaß gemacht. Wiederkommen werden wir wohl trotzdem nicht. Das Chaos, der Lärm, die Armut und den Dreck in unseren Nasen am Ende eines Tages einmal erlebt zu haben reicht völlig. Die Bilder von rumrotzenden, ungeniert rülpsenden, überall hinpinkelnden Männern, streunenden Hunden und Schweinen, spielenden Kindern im Müll, Kühe die sich vom Müll ernähren,… haben einfach überwogen. Ständig fühlt man sich als wandelnder Geldautomat und muss Angst haben übers Ohr gehauen zu werden. Und das wird bestimmt noch häufiger passiert sein als wir vermuten. Im nächsten Moment trifft man dann aber auch wieder Leute, die so unglaublich nett und gastfreundlich sind. In Kerala war unsere Zeit deutlich entspannter. Alles war nicht ganz so extrem wie im Norden. Jedoch spiegelt das Leben dort auch irgendwie nicht das wieder, was Indien eben so authentisch macht.

 

5 Replies to “Fazit Indien”

  1. Hallo Ihr Lieben,
    nun habe ich endlich mal Zeit gehabt zu lesen. Danke für den tollen Indien-Bericht! Ich wünsche Euch viel Spaß in Nepal beim wandern! Alles Liebe!

    Petra

    1. Danke, wir haben bisher eine schöne Zeit hier in Nepal und den Bergen. Ständig verändert sich die Landschaft und es immer etwas zu sehen. Wenn wir aus den Bergen raus sind, werden wir mehr berichten. Liebe Grüße. Tobi und Sandra

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